Zwei Monate Paris

Zwei Monate lebe ich nun schon in Paris und meine Liste an Dingen, die ich unbedingt noch machen oder sehen will, wird von Tag zu Tag länger. Diese Rubrik von Epikureer wird mich zukünftig auf meinen Entdeckungstouren begleiten. Sie wird mir als Tagebuch und Fotoalbum zugleich dienen und ihre Leserinnen und Leser diese Hauptstadt der Künstler und Romantiker neu entdecken lassen.

Vor relativ genau einem Jahr habe ich den nicht ganz unspontanen Entschluss gefasst, ein Semester lang im zu Ausland studieren. Da ich zu einem sehr stolzen Viertel Französin bin (mein Großvater kam aus Frankreich), interessiere ich mich vor allem für die französische Sprache und Kultur. Und für Käse. Als Berliner Modemädchen und Kunstliebhaberin musste ich nicht lange überlegen, welche Stadt es werden sollte: bien sûr – Paris! Ein Dreivierteljahr und unzählige Flüche auf die deutsche Bürokratie später hatte ich die Zusage der Université Sorbonne IV für das Fach „Études Germaniques“ in der Tasche und dank eines sehr glücklichen Zufalls auch ein Studio (bedeutet eine fünfzehn Quadratmeter kleine Wohnung, weil das das einzige ist, was in dieser Stadt bezahlbar ist) gefunden.

ZimmerFast zu schön um wahr zu sein: Aufwachen in der eigenen Wohnung mitten in Paris.

Nun bin ich voll und ganz im Alltagsleben angekommen, die Uni läuft, in meinem Fall sehr entspannt, da meine Kurse auf Deutsch sind. Ich habe mir einen kleinen aber äußerst feinen Freundeskreis aufgebaut und genieße die Zeit in einer der aufregendsten und unbestreitbar schönsten Städte der Welt. Diese Schönheit ist tatsächlich das, was mich am meisten fasziniert an Paris und womit ich diesen ersten Teil der Paris- Reihe beginnen möchte. Diese Stadt hat eine Ästhetik wie keine andere. Es lässt sich fast nicht in Worte fassen, wie es sich angefühlt hat, als ich das erste mal an der Station Opéra die Stufen nach draußen hochgestiegen bin. Die Architektur überwältigt geradezu mit den schönsten Stilrichtungen, die diese Welt zu bieten hat: Neugotik, Neuromantik oder Neoklassizismus – in ruhigen Ecken ist man unschwer in der Lage, sich Gedanklich ins 18. Jahrhundert zurück zu versetzen. Wo in anderen Städten kriegsbedingte Löcher mit wenig liebevollen und stiltechnisch zweifelhaften Ersatzbauten gefüllt wurden, reihen sich hier die herrschaftlich verzierten Fassaden mit hübschen Schnörkel- Balkonen und bunten, großen Holztüren ins scheinbar Unendliche aneinander.

Nun wohne ich in dem sehr gut betuchten ersten Arrondissement, in welchem sich das Louvre, der große Jardin des Tuileries und jede Menge Luxusläden befinden. Das Straßenbild wird von Prada, Chanel und Co. bestimmt und selbst ich als arme Studentin kenne inzwischen die neue Gucci- Kollektion auswendig. Die Menschen, die hier leben, arbeiten oder auch nur zum Shoppen herkommen, sind nicht unbedingt alle reich aber – und das liebe ich – sie haben Stil. Noch nie, wirklich noch nie habe ich so viele gut gekleidete Menschen jeden Geschlechts und Alters auf den Straßen gesehen. Der Pariser Stil zeigt, was anderen Städten fehlt oder was sie mit ein und dem selben ewigen Hipstertum zu kompensieren versuchen (Sorry Berlin, ich liebe dich trotzdem!). Ich habe mich vor einigen Tagen beim Lunch lange mit meiner Cousine, die Pariserin ist, über das Verhältnis der Menschen hier zu Geld unterhalten. Sie erzählte mir, dass die Leute hier nicht unbedingt mehr haben als in anderen Städten, die Einkommen sind nicht wirklich höher, die Mieten dafür umso teurer und auch die Preise in den Restaurants und Cafés liegen deutlich über dem Deutschen Durchschnitt. Die Pariser sind einfach Genießer. Für gutes Essen oder eine tolle Handtasche geben sie wahnsinnig viel Geld aus, ja. Aber sie tun es gerne. Sie machen sich nicht so viele Gedanken wie ich als Stereotypen- Deutsche, die fünfmal am Tag durchrechnet, was sie heute wieder nicht hätte ausgeben dürfen. Ich verallgemeinere hier stark, das ist klar, aber es fällt auf, dass es einen Unterschied im Stellenwert von Mode und Genuss gibt, das konnten mir alle hier lebenden Menschen bestätigen, mit denen ich in den letzten zwei Monaten gesprochen habe. Und ich fange an, diesen Lebensstil immer mehr zu übernehmen. Ich gönne mir Dinge, die mir in Berlin „vieeeel zu teuer“ gewesen wären und bleibe dafür eben den Rest der Woche zuhause statt teuren Wein trinken zu gehen. Oder auch mal andersherum. Die Pariser haben etwas verstanden, was mir lange gefehlt hat: Das Leben ist zu kurz. Mach‘ dir nicht den ganzen Tag Gedanken über 20 Cent mehr oder weniger, entscheide für dich, wo deine Prioritäten liegen und lebe so innerhalb deiner Verhältnisse und gönn‘ dir trotzdem ab und zu mal etwas. Der Pariser ist das, was man einen Epikureer nennen kann – ein Lebemann (und/oder -frau, ja). Er (und/oder sie) liebt die Versuchung, den Genuss, das Ignorieren von Preis, Kalorien und Konventionen – und das ist es wert.

JDP Tür3 neuKennzeichnend für die Pariser Architektur: Große, hölzerne Türen in den schönsten Farben.

Processed with VSCO with f2 presetKein wirklicher Geheimtipp aber sei’s drum: Vom Dach der Galerien Lafayette aus hat man einen wunderschönen Panoramablick inklusive Eiffelturm, der sich vor allem zu Sonnenuntergang sehr, sehr lohnt.

Processed with VSCO with f1 presetIm nächsten Post werde ich über die Nuit des Galeries berichten, die am 19. Oktober im Rahmen der Kunstmesse FIAC in Paris stattfinden wird. À bientôt! 🙂

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