Als Touristin in der eigenen Stadt – Berlin Special

„Berlin – du weißt, ich liebe dich so viel.“, singt der Franzose Antoine Villoutreix passender Weise als ich mich an diesen Post setze. Eine Woche war ich in der Heimat, in der Stadt, in der ich geboren wurde, in der meine Wurzeln und Zukunftsträume zusammenfallen. Nach über zwei Monaten in Paris war es seltsam, nach Hause zu kommen. Eine Mischung aus Nie-weg-gewesen-sein und „Welche ist noch mal die Besteckschublade?“. Ich hatte ein starkes Bedürfnis, meine Stadt zu erkunden, wie ich es in Paris gemacht habe. Man vergisst oft, wie viel der eigene Geburtsort zu bieten hat, vor allem, wenn es sich dabei um die Hauptstadt handelt. Seit Jahren bewege ich mich an den gleichen Orten, fahre die gleiche U-Bahn-Linien, gehe in dieselben Bars und Restaurants. Diese Woche wollte ich mehr: Eine Woche Berlin wie eine Touristin. Neue Ecken, neue Straßen, neue Erfahrungen. Dabei herum gekommen sind ein paar Ideen, was man im Herbst in Berlin und Umgebung machen kann – egal, ob man für ein Wochenende da ist oder seit 20 Jahren. 

  1. Spazieren gehen im Park Sanssouci 

Der Name des Hohenzollernschlosses und des dazugehörigen Parks ist Programm: Sans Souci: Ohne Sorge. Tatsächlich habe ich zum ersten Mal die weitläufige Parkanlage in Potsdam besucht. Die Schlösser und Gärten gehören zum UNESCO- Welterbe und werden oft als „preußisches Versailles“ bezeichnet. Das ist kaum übertrieben, denn der Park, der mit typisch französischer Symmetrie und Perfektion aufwartet aber gleichzeitig durch unzählige kleine, verwunschene Orte und Verstecke überrascht, entführt einen gedanklich nicht nur zurück ins 18. Jahrhundert, sondern enthält auch einen Hauch von Alice im Wunderland – es ist wunderschön.

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2. Brunchen gehen

Wenn man in Berlin etwas kann, dann ist es Essen. Darauf hatte ich mich fast am meisten gefreut, denn in Paris essen zu gehen ist sehr, sehr teuer. Und als Vegetarierin gar nicht mal so unkompliziert. In Kreuzberg ist man da gesellschaftlich schon eher akzeptiert und findet immer etwas Leckeres, was man sich auch als Studentin öfter als ein Mal im Jahr leisten kann. Meine beiden Frühstück bzw. Brunch- Favoriten sind:

Mokka-Bar
An der Gneisenaustraße in Kreuzberg, von außen eher unscheinbar aber innen sehr gemütlich und immer voll. Frühstück gibt es ab fünf Euro und ich kenne keinen Laden mit einem besseren Preis- Leistungsverhältnis. Ob vegetarisches Tofu- Frühstück, Käse, französisch oder italienisch – voller könnten die Teller nicht sein. Mit viel Liebe angerichtet und immer wieder super lecker!
Gneisenaustraße 93, 10961 Berlin

Hope Deli
Im gemütlichen Teil von Schöneberg gelegen, überrascht das kleine Café mit einer Auswahl an gesunden, gluten- und zuckerfreien Superfood- Frühstücks- und Mittagsgerichten. Diese sind nicht nur absolut im Clean-Eating Trend, sondern auch richtig lecker. Und die Preise sind für den hohen Anspruch an Qualität und Mengen absolut fair.
Akazienstraße 28, 10823 Berlin

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3. Galerien besuchen

Mein Interesse an Kunst ist in Paris stark gewachsen und ich war geradezu überrascht, wie viel Berlin in diesem Bereich zu bieten hat, das ich noch nicht gesehen habe. In der einen Woche habe ich bereits die ersten Galerien von meiner To-Do-Liste streichen können und kann beide sehr empfehlen:

Berlinische Galerie
Aktuell befindet sich im Erdgeschoss des zweistöckigen Museums für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur die Jeanne Mammen- Ausstellung. Die Ausstellung mit dem Untertitel „Die Beobachterin“ befasst sich mit dem vielschichtigen Werk der Berliner Künstlerin, die 1976 starb. Sie gilt als Ikone der „Goldenen Zwanziger Jahre“, ihre Kunst spiegelt die Erfahrungen von zwei Weltkriegen, Armut, Wiedergeburt und Wandel wider. Die Ausstellung läuft noch bis zum 15. Januar 2018.
Alte Jakobsstraße 124-128, 10969 Berlin

Akademie der Künste
Die Ausstellung im Hanseatenweg „Benjamin und Brecht. Denken in Extremen“ zeigt die Freundschaft zwischen dem Schriftsteller und dem Kritiker in Zitaten, Kommentaren, Handschriften und Bildern. Das ungleiche Paar diskutierte Grundfragen der Kunst und der Politik, war sich dabei selten einig aber stets loyal dem anderen gegenüber. Die Freundschaft polarisierte – damals wie heute. Die Ausstellung schafft eine persönliche Nähe zu beiden und gerade für mich als Brecht- Fan war sie sehr interessant. Die Ausstellung endet am 28. Januar 2018.
Hanseatenweg 10, 10557 Berlin

4. Spazieren gehen im Bergmannkiez

Ja, ich weiß, das ist jetzt kein wirklicher Geheimtipp. Aber obwohl ich seit vier Jahren in Kreuzberg wohne und zehn Minuten zu Fuß zur Bergmannstraße brauche, vergesse ich immer wieder, wie unglaublich schön dieses Viertel ist. Vor allem jetzt, da der Pariser Altbau für mich zum Alltag geworden ist, kommen mir die weitestgehend von hässlichen Nachkriegsbauten verschont gebliebenen Straßen rund um den Marheinekeplatz umso schöner vor. Zahlreiche Cafés, Bücherläden, Märkte und natürlich die Markthalle haben absolutes Potenzial zu neuen Lieblingsorten in Berlin.

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Damit war die Woche auch schon vorbei. Weihnachten werde ich wieder für einige Tage zurückkommen und endgültig dann Mitte Januar. Ich werde Paris sehr vermissen, das habe ich sogar jetzt schon. Ebenso vermisse ich aber Berlin, jetzt da ich wieder an meinen Schreibtisch in der Rue de la Sourdière sitze. Der Abschied gestern fiel schwer, fast schwerer als vor zwei einhalb Monaten. So sehr ich Paris liebe und all die anderen Städte, in denen ich noch leben werde, lieben werde – Berlin ist und bleibt nun einmal meine Heimat.

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